Denn auch der Menschensohn

Markus 1,1 – 16,20
Leitvers 10,45

„Denn auch der Menschensohn ist nicht gekommen, dass er sich dienen lasse, sondern dass er diene und sein Leben gebe als Lösegeld für viele.“

Wir danken Gott für das Markusevangelium, durch das wir Jesu Hoffnung, seinen Glauben und sein jammerndes Hirtenherz kennenlernen durften. Jesus ging seinen Jüngern voran und diente ihnen, um sie als Hirten und geistliche Leiter für Gottes Welterlösungswerk aufzustellen. Jesus kämpfte den harten, geistlichen Kampf im Gebet, um im Gehorsam des Glaubens Gottes Willen zu erfüllen und sein Leben als Lösegeld für viele am Kreuz zu geben. Lasst uns von Jesus lernen und seinem Beispiel folgen, damit Gott auch uns als Hirten und geistliche Leiter für die heutige Generation kostbar gebrauchen kann.

1. Jesu Hoffnung

Sehen wir uns Kapitel 1 an. Jesus begann sein öffentliches Wirken durch die Predigt des Evangeliums. In den Versen 14 und 15 heißt es: „Nachdem aber Johannes gefangen gesetzt war, kam Jesus nach Galiläa und predigte das Evangelium Gottes und sprach: Die Zeit ist erfüllt und das Reich Gottes ist herbeigekommen. Tut Buße und glaubt an das Evangelium!“ Das Wort „Evangelium“ kommt aus dem Griechischen und bedeutet „gute Nachricht“ oder „frohe Botschaft“. Die frohe Botschaft ist, dass jeder Mensch, der über seine Sünde aufrichtig Buße tut und glaubt, dass Christus dafür am Kreuz gestorben und nach drei Tagen auferstanden ist, von der Macht der Sünde und des Todes befreit und ein neues Leben mit der lebendigen Hoffnung auf das Reich Gottes empfangen wird. Wer Jesus als seinen Retter und Heiland im Glauben annimmt, der ist vom Tod zum Leben hindurchgedrungen. In Offenbarung 21,3-5 sah Apostel Johannes in einer Vision das Reich Gottes vom Himmel herabkommen und hörte die Stimme Gottes, die sprach: „… und er selbst, Gott mit ihnen, wird ihr Gott sein; und Gott wird abwischen alle Tränen von ihren Augen, und der Tod wird nicht mehr sein, noch Leid noch Geschrei noch Schmerz wird mehr sein; denn das Erste ist vergangen … siehe, ich mache alles neu!“ Alle Hoffnungen in dieser Welt sind vergänglich, kurzfristig und trügerisch. Allein die Hoffnung auf das Reich Gottes ist die wahre Hoffnung für alle Menschen. Als Vorgeschmack auf das Reich Gottes vollbrachte Jesus in seiner Vollmacht exemplarisch die Werke, die Gott vollenden wird, wenn das Reich Gottes einst mit Kraft kommen wird (9,1). In Kapitel 1,27 staunten die Menschen und sprachen: „Eine neue Lehre in Vollmacht! Er gebietet auch den unreinen Geistern, und sie gehorchen ihm.“ Und Kapitel 3,10 sagt: „Denn er heilte viele, so- dass alle, die geplagt waren, über ihn herfielen, um ihn anzurühren.“ Im Reich Gottes wird es keine Besessenen mehr geben, weil Gott die unreinen Geister nicht hineinlassen wird. Im Reich Gottes wird es weder Leid noch Schmerz noch irgendeine Krankheit mehr geben. Im Reich Gottes wird es auch keine Sünde mehr geben. Jesus bezeugte in Kapitel 2,10, dass der Menschensohn Vollmacht hat, Sünden auf Erden zu vergeben. In Vers 17 benennt er klar das Ziel seines Kommens in diese Welt: „Ich bin gekommen, die Sünder zu rufen und nicht die Gerechten.“ Jesus ist gekommen, um die Sünder zur Buße zu rufen, um ihre Sünden zu vergeben und das ewige Leben zu geben. Dazu predigte er in Vollmacht das Evangelium. Und er sprach zu seinen Jüngern: „Lasst uns anderswohin gehen, in die nächsten Städte, dass ich auch dort predige; denn dazu bin ich gekommen“ (1,38). Jesus legte seine Priorität eindeutig auf die Verkündigung des Evangeliums und auf dessen Verbreitung. Aus diesem Grund berief er auch Jünger. Lesen wir dazu Kapitel 1,16.17: „Als er aber am Galiläischen Meer entlangging, sah er Simon und Andreas, Simons Bruder, wie sie ihre Netze ins Meer warfen; denn sie waren Fischer. Und Jesus sprach zu ihnen: Folgt mir nach; ich will euch zu Menschenfischern machen!“ Simon, Andreas, Jakobus und Johannes waren keine besonderen, sondern sündige Menschen wie die anderen auch. Aber Jesus berief sie, um durch sie sein Erlösungswerk fortzusetzen. Kapitel 3,14 sagt: „Und er setzte Zwölf ein, die er auch Apostel nannte, dass sie bei ihm sein sollten und dass er sie aussendete zu predigen.“ Kapitel 6,7 sagt: „Und er rief die Zwölf zu sich und fing an, sie auszusenden.“ Am Ende des Markusevangeliums fordert er sie nochmals auf: „Gehet hin in alle Welt und predigt das Evangelium aller Kreatur“ (16,15). Jesu Hoffnung ist es, dass durch seine Jünger das Evangelium jeden Winkel dieser sündenkranken Welt erreicht, damit alle Menschen es hören und durch den Glauben selig werden (16,16).

2. Jesu Glaube und jammerndes Hirtenherz

Um seine Jünger für dieses Erlösungswerk Gottes zu ertüchtigen, lehrte Jesus ihnen den Glauben an den allmächtigen Gott sowie sein jammerndes Hirtenherz. Am Ende des 4. Kapitels gerieten die Jünger in einen furchtbaren Sturm. Die Wellen schlugen ins Boot und es drohte zu sinken. Sie waren voller Furcht und weckten Jesus, der im hinteren Teil des Bootes seelenruhig geschlafen hatte. Als nun Jesus aufstand, bedrohte er den Wind und sprach zu dem Meer, dass sie schweigen und verstummen sollten. Da entstand eine große Stille. Und Jesus sprach: „Was seid ihr so furchtsam? Habt ihr noch keinen Glauben?“ Wenn wir in unserem Leben an unsere Grenzen stoßen, dürfen und sollen wir zu unserem allmächtigen Vater im Himmel beten, auf dass wir seinen Schutz, seine Hilfe und beste Führung erfahren werden.

Dann lehrte Jesus seine Jünger sein jammerndes Hirtenherz für die verlorenen Schafe. Betrachten wir Kapitel 6. Eine große Menschenmenge kam unangemeldet und zu unpassender Zeit zu Jesus. Doch Jesus schickte sie nicht fort, sondern nahm sie auf, wie sie waren, und fing eine lange Predigt an. Vers 34 sagt: „Und Jesus stieg aus und sah die große Menge; und sie jammerten ihn, denn sie waren wie Schafe, die keinen Hirten haben. Und er fing eine lange Predigt an.“ Jesus war der gute Hirte für alle, indem er ihnen das Wort Gottes predigte und sie zur Quelle des lebendigen Wassers führte. Die Studenten am Campus sehen jung, dynamisch und vielversprechend aus. Aber geistlich betrachtet, sind auch sie wie Schafe ohne Hirten. Sie brauchen das Wort Gottes, sie brauchen Hirten, die ihnen das Evangelium bringen, welches allein sie selig macht und ihnen die wahre Hoffnung, das Ziel und die Bedeutung ihres Lebens gibt.

Als es nun Abend wurde, traten seine Jünger an Jesus heran und empfahlen ihm, die Menge wegzuschicken, damit sie sich ihr Abendessen in der Umgebung holen könnten. Aber Jesus gab ihnen einen überraschenden Befehl: „Gebt ihr ihnen zu essen!“ Jesus diente der Menge nicht nur mit einer langen Predigt. Er ging noch einen Schritt weiter und half seinen Jüngern, Gottes Herz für die Menge zu verstehen. Während die anderen Jünger nur ungläubig berechneten und aufgaben, ging ein Jünger, Andreas, los und fand einen kleinen Jungen mit fünf Broten und zwei Fischen. Er kam damit zu Jesus und sagte: „Aber was ist das für so viele?“ Jesus war von Andreas‘ Glauben berührt. Er nahm die fünf Brote und zwei Fische und speiste damit 5000 Menschen. Jesus gab seinen Jüngern das Hirtentraining, damit sie sein jammerndes Herz für die Schafe lernen und als Hirten gebraucht werden können. Wie können wir 38.000 Studenten in Bonn, 35.000 in Mainz, 17.000 in Koblenz und 9.000 in Rheinbach und St. Augustin mit dem Wort Gottes speisen? Jesus fordert uns heraus: „Gebt ihr ihnen zu essen!“ „Wie viele Brote habt ihr?“ Gott helfe uns, Jesu jammerndes Hirtenherz anzuziehen und durch den Glauben loszugehen, um in diesem Wintersemester den zahlreichen Studenten mit dem Wort Gottes zu dienen.

Betrachten wir Kapitel 8,34. Jesus lehrte seine Jünger den Weg der Nachfolge. Er selbst ging den Weg des Leidens, der Verwerfung und des Kreuzes und gab sein Leben für uns hin. Nachfolge bedeutet, sich selbst und seine eigene Meinung und Vorstellung zu verleugnen und von Jesus zu lernen. Nachfolge bedeutet, das Kreuz der Mission auf sich zu nehmen und sein Leben für Jesus hinzugeben. Wer dies tut, der wird das Leben finden.

3. Jesu Gebetskampf und Gehorsam gegenüber dem Willen Gottes

Kapitel 14 berichtet über Jesu Vorbereitung auf die Erfüllung des Welterlösungsplanes Gottes. Zunächst sehen wir einen großen Kontrast. Während die Hohepriester und Schriftgelehrten eine Möglichkeit suchten, Jesus zu ergreifen und zu töten, kam eine Frau zu Jesus und goss aus Dankbarkeit für Jesu Gnade ein Glas voll kostbaren Nardenöls auf ihn und salbte ihn. Einige wurden darüber unwillig und sprachen von Verschwendung. Aber Jesus stellte sich ganz auf die Seite der Frau und sprach zu ihnen: „Sie hat getan, was sie konnte; sie hat meinen Leib im Voraus gesalbt für mein Begräbnis. Wahrlich, ich sage euch: Wo das Evangelium gepredigt wird in aller Welt, da wird man auch das sagen zu ihrem Gedächtnis, was sie jetzt getan hat“ (14,8.9). Jesus sah ihr dankbares Herz und würdigte ihre Hingabe. Er bestätigte sie in ihrer geistlichen Einsicht, dass das Evangelium das Kostbarste ist, was ein Mensch je erhalten kann. Weder durch die Verbesserung der Bedingungen noch durch gute Werke, sondern allein durch den Glauben an das Evangelium wird ein Mensch selig. In Kapitel 8,36.37 sagt Jesus: „Denn was hülfe es dem Menschen, wenn er die ganze Welt gewönne und nähme an seiner Seele Schaden? Denn was kann der Mensch geben, womit er seine Seele auslöse?“ Wie Jesus sollen auch wir das Herz derjenigen sehen, die Jesus von Herzen lieben und dankbar sind und sollen ihre Hingabe und Opfer würdigen.

Nach dieser Begebenheit kündigte Jesus seinen Jüngern an, dass einer von ihnen ihn verraten würde. Jesus ist der allwissende Gott, vor dem nichts verborgen bleibt. Er kennt nicht nur die Anzahl der Haare auf unserem Kopf, er kennt auch die verborgenen Gedanken unseres Herzens. Jesu Liebe aber ist vollkommen und absolut, indem er mit dieser Voraussage selbst seinem Verräter Raum zur Buße gab. Betrachten wir Kapitel 14,12-16. Durch genaue Vorhersagen bzgl. der Vorbereitung des Passamahls, pflanzte Jesus den Glauben in die Herzen seiner Jünger und bereitete sie darauf vor, seinen sich nahenden Sühnetod am Kreuz im Glauben anzunehmen, damit ihnen Vergebung und ewiges Leben zuteilwürden. „Und als sie aßen, nahm Jesus das Brot, dankte und brach’s und gab’s ihnen und sprach: Nehmet; das ist mein Leib. Und er nahm den Kelch, dankte und gab ihnen den; und sie tranken alle daraus. Und er sprach zu ihnen: Das ist mein Blut des Bundes, das für viele vergossen wird“ (14,22-24).
Schließlich sprach Jesus davon, dass sie sich bald alle zerstreuen würden (14,27). Doch Petrus widersprach. Aber nicht allein er, sondern sie alle waren voller Selbstvertrauen und überschätzten sich selbst und mussten hernach erfahren, dass sie Jesus verleugneten.

Schließlich betete Jesus im Garten Gethsemane mit Zittern und Zagen, dass doch der schmerzliche Kelch an ihm vorüberziehen sollte. Doch Jesus betete auch, dass nicht sein, sondern Gottes Wille geschehen möge. Lesen wir Kapitel 14,36: „Und sprach: Abba, mein Vater, alles ist dir möglich; nimm diesen Kelch von mir; doch nicht, was ich will, sondern was du willst.“ Die Jünger, die Jesus aufgefordert hatte mitzubeten, wurden von der Schwachheit ihres Fleisches überwältigt und waren eingeschlafen. Jesus ermahnte sie: „Wachet und betet, dass ihr nicht in Versuchung fallt! Der Geist ist willig; aber das Fleisch ist schwach“ (14,38). Es war sein beharrlicher Gebetskampf, durch den Jesus letztendlich schon den Sieg errungen hatte. Und dann kam der Verräter. Jesus wurde verhaftet, viele falsche Zeugen traten auf und der Hohepriester verhörte ihn. Während des Verhörs rechtfertigte sich Jesus nicht selbst. Stattdessen bezeugte er seine geistliche Identität als Sohn Gottes und zukünftiger Richter dieser Welt (14,62). Jesus zog sich nicht zurück, sondern gab auch hier seinen Anklägern die Gelegenheit zur Buße.

Betrachten wir Kapitel 15. Pilatus hatte erkannt, dass die Hohenpriester ihm Jesus nur aus Neid überantwortet hatten. Aber Pilatus war ein Opportunist. Er relativierte die Wahrheit und betrog sein eigenes Gewissen. Auf sein Urteil hin wurde Jesus zuerst ausgepeitscht, dann verspottet und schließlich zur Kreuzigung hinausgeführt. Als Jesus unter großen Qualen am Kreuz hing, wurde er versucht, seine Macht als Sohn Gottes zu missbrauchen, indem er hinabsteigen und sich selbst retten sollte. Doch Jesu brennende Retterliebe war stärker und er blieb am Kreuz. Dann kam eine dreistündige Finsternis über das ganze Land und Jesus rief laut: „Eli, Eli, lama asabtani? Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?“ (34). Als die ganze Schuld und Sünde dieser Welt auf Jesus lag, wurde er von Gott verlassen. Als er starb, zerriss der Vorhang im Tempel, was bedeutet, dass Jesu vollkommenes, heiliges Opfer den Weg freigemacht hat, damit sündige Menschen wieder mit Gott versöhnt werden und in eine lebendige Beziehung mit ihm treten können.

Jesu Kreuzestod bewirkte Großartiges. „Der Hauptmann aber, der dabeistand, ihm gegenüber, und sah, dass er so verschied, sprach: Wahrlich, dieser Mensch ist Gottes Sohn gewesen!“ (39). Auch Josef von Arimathäa, ein angesehener Ratsherr, wurde zu einem mutigen Jünger Jesu verändert (43). Kapitel 16 berichtet schließlich von Jesu Sieg über Sünde und Tod, indem er am dritten Tag von den Toten auferstand. Er erschien zuerst Maria von Magdala und machte sie zu einer fröhlichen Zeugin der Auferstehung (9). Er diente seinen furchtsamen und ungläubigen Jüngern, indem er ihnen bedingungslos vergab. Dann aber tadelte er ihren Unglauben und pflanzte den Auferstehungsglauben in ihre Herzen und beauftragte sie erneut mit ihrer Mission: „Gehet hin in alle Welt und predigt das Evangelium aller Kreatur. Wer da glaubt und getauft wird, der wird selig werden; wer aber nicht glaubt, der wird verdammt werden“ (15.16).

4. Jesus kam, um zu dienen und sein Leben als Lösegeld für viele zu geben

Auf seinem Weg nach Jerusalem hatte Jesus seinen Jüngern wiederholt seinen bevorstehenden Tod und seiner Auferstehung angekündigt: Zum ersten Mal, nachdem Petrus sein Glaubensbekenntnis abgelegt hatte (8,29-32), das zweite Mal nachdem er auf einem Berg vor drei seiner Jünger in verklärter Gestalt erschienen war (9,30-32), und nun ein drittes Mal in Kapitel 10,33.34: „Siehe, wir gehen hinauf nach Jerusalem, und der Menschensohn wird überantwortet werden den Hohenpriestern und Schriftgelehrten, und sie werden ihn zum Tode verurteilen und den Heiden überantworten. Die werden ihn verspotten und anspeien und geißeln und töten, und nach drei Tagen wird er auferstehen.“ Jesus wollte seinen Jüngern helfen, die schwierige Zeit während seiner bevorstehenden Kreuzigung zu überstehen. Sie sollten nicht von Zweifeln überwältigt werden und in die Verzagung geraten. Es war für Jesus sehr wichtig, dass seine Jünger daran glaubten, dass es sich bei Jesu Verurteilung und Tod nicht um einen Schicksalsschlag oder Justizirrtum handelte, sondern dass alles so von Gott gewollt war. Das Kreuz und die Auferstehung Jesu sind der Weg, den Gott vorherbestimmt hatte, dass Jesus ihn gehen sollte, um die Menschen von der Macht der Sünde und des Todes zu erlösen. Johannes 3,16 sagt: „Denn also hat Gott die Welt geliebt, dass er seinen eingeborenen Sohn gab, damit alle, die an ihn glauben, nicht verloren werden, sondern das ewige Leben haben.“ Weil Gott seinen einzigen Sohn, Jesus, für uns Sünder dahingegeben hat, wissen wir, dass Gott die Liebe ist. Und wegen dieser Liebe Gottes können auch wir heute die sündige und pragmatische Welt überwinden und den Weg des Kreuzes konsequent gehen.

Aber die Jünger hatten diese Liebe Gottes noch nicht von Herzen angenommen. Sie hatten den Weg des Kreuzes stets verdrängt oder ignoriert. Kapitel 10,35-37 offenbaren, dass die Jünger noch voller menschlicher Ehrgeiz waren. Sie sehnten sich nach einem irdischen, messianischen Reich und wollten mit Jesus über Israel herrschen. Kurzum wünschten sie sich, Herrscher und Mächtige dieser Welt zu sein. Sie beneideten die römischen Statthalter und ließen sich von ihrem Helmschmuck und blinkenden Rüstungen beeindrucken. Durch eine hohe Position in der Welt suchten sie Anerkennung und Ehre bei den Menschen. Die Jünger waren noch ganz in ihrem Stolz und Ego gefangen. Sie wollten sich selbst behaupten, ihr Leben genießen und sich auch gern von anderen bedienen lassen. Jesus hingegen wünschte sich, dass durch seine Jünger der Wille Gottes der Welterlösung bis ans Ende der Erde fortgeführt würde.

Um zu Hirten und geistlichen Leitern im Werk Gottes heranwachsen zu können, müssen auch wir über jegliche egoistischen Ambitionen Buße tun. Stattdessen sollen wir Gottes Willen suchen und dafür kämpfen, ihn zu erfüllen. Jesus war wegen der irdischen Gesinnung der Jünger nicht verärgert. Er tadelte sie nicht einmal, sondern nahm ihren menschlichen Ehrgeiz positiv auf und lehrte sie, die wahre Größe vor Gott. Sehen wir uns Kapitel 10,38 an: „Jesus aber sprach zu ihnen: Ihr wisst nicht, was ihr bittet. Könnt ihr den Kelch trinken, den ich trinke, oder euch taufen lassen mit der Taufe, mit der ich getauft werde?“ Hier bedeutet der „Kelch“ der Kelch des Leidens, und die Taufe, Jesu Opfertod am Kreuz. Um Gottes Anerkennung zu bekommen und ein einflussreiches Leben führen zu können, müssen wir bereit sein, die entsprechenden Kosten zu tragen. Diese Kosten können unter Umständen hoch sein. Doch wie reagierten darauf Jakobus und Johannes? Sie antworteten: „Ja, das können wir!“ (39). Ihre Antwort kam nicht aus ihrem Glauben, sondern aus ihrem Selbstvertrauen und ihrer geistlichen Unwissenheit. Jesus aber nahm es als ihr Gelübde an und ermutigte sie, den Kelch des Leidens zu trinken und auch die Taufe eines späteren Märtyrertodes auf sich zu nehmen. Wie die Jünger, so hat Gott auch uns dazu berufen, den Kelch des Leidens zu trinken. Für einen Jünger Jesu ist es etwas ganz Normales, wenn er Missverständnisse, Ablehnung und Spott durch weltlich gesinnte Menschen erfährt. Und wie Jesus beharrlich seinen Jüngern gedient hat, sollen auch wir unseren Hoffnungsträgern wiederholt mit dem Wort Gottes dienen, bis Gott ihre geistlichen Augen öffnet und sie zum Kreuz Jesu kommen, wo sie alle ihre Sünde bekennen und ablegen dürfen und durch die einseitige Gnade Jesu aus aller Finsternis errettet werden.

Gott hat uns berufen, geistliche Leiter und Hirten für die Studenten zu sein. Hirte zu sein, heißt nicht, bloß einen Titel vor seinem Namen tragen zu dürfen, sondern es heißt, ein jammerndes Herz für die Menschen zu haben, ihre geistliche Not zu sehen, sich diese zu eigen zu machen und ihnen mit dem Wort Gottes zu dienen. Ein Hirte kämpft mit der Mission Gottes. Dazu hat Jesus uns die Notwendigkeit des täglichen Gebetskampfes gelehrt. Ohne Gebet können wir den Weg des Kreuzes nicht gehen und den Kelch des Leidens nicht trinken. Unser Fleisch ist zu schwach, als dass es den Willen Gottes tun könnte. Wir brauchen den Geist Gottes, der willig ist, Gottes Willen zu tun. Diesen Geist Gottes können wir durch das Gebet empfangen (Lukas 11,13). Wer das Gebet vernachlässigt, wird leicht von der pragmatischen und selbstsüchtigen Umgebung beeinflusst. Er verliert seine geistliche Orientierung und wird dazu verleitet, bequem und selbstzufrieden zu leben oder setzt seine Prioritäten falsch. Ohne Gebet schlafen wir wie die Jünger geistlich ein und suchen einen Weg, das Kreuz zu vermeiden und unsere Mission zu vernachlässigen. Gott helfe uns, durch die Macht des Gebets vom Geist Gottes erfüllt zu werden, um uns selbst zu verleugnen und Jesu Weltmissionsbefehl mit Priorität zu gehorchen.

Betrachten wir Kapitel 10,43.44. Jesus ermutigte weiter seine Jünger und sprach: „Sondern wer groß sein will unter euch, der soll euer Diener sein; und wer unter euch der Erste sein will, der soll aller Knecht sein.“ Manch einer denkt, dass nur solche mit besonderen Fähigkeiten oder Gaben sich zu großen und einflussreichen Persönlichkeiten entwickeln können. Aber das ist nicht wahr. Josef im Alten Testament z. B. hatte viele gute Gaben. Er war ehrgeizig, fähig, angesehen und treu. Doch er wurde verraten und verkauft und in ein Gefängnis in Ägypten geworfen. Dort erhielt er Gottes geistliche Erziehung, um zu einem demütigen und großartigen Diener Gottes heranzuwachsen. Später diente er seinen ungerechten Brüdern und half ihnen, zu Gott umzukehren. So gebrauchte Gott Josef zu einer großen Errettung. Wahrhaft große Menschen sind diejenigen, die Gott und den Hoffnungsträgern über ihre Grenze hinaus dienen. Jesu Worte ermahnen uns, dass wir Diener und aller Knecht sein sollen.

Jesu dienendes Leben war ein gutes Beispiel dafür. Lesen wir Vers 45: „Denn auch der Menschensohn ist nicht gekommen, dass er sich dienen lasse, sondern dass er diene und sein Leben gebe als Lösegeld für viele.“ Jesus ist der Schöpfer aller Dinge. Er ist der Sohn Gottes, dem alle Ehre und Anbetung gebührt. Aber er kam in Menschengestalt in die Welt, um uns sündigen Menschen zu dienen. Er diente Nikodemus, einem intellektuellen Pharisäer, der in der Finsternis wandelte und half ihm die ganze Nacht hindurch, um geistlich wiedergeboren zu werden. Jesus diente einer verzweifelten, durstigen Frau aus Samarien, indem er sich erniedrigte und sie demütig um etwas zu trinken bat, um ihr dann das lebendige Wasser zu geben. Jesus diente einem Aussätzigen, den niemand auch nur anrühren wollte. Drei Jahre lang diente Jesus seinen unreifen, selbstsüchtigen Jüngern. Er demütigte sich und gab ihnen ein Beispiel für wahre Größe, indem er ihre schmutzigen Füße wusch. Obwohl sie ihn nach seiner Kreuzigung verließen, besuchte Jesus sie mehrmals, nachdem er von den Toten auferstanden war, und diente ihnen, damit sie ihr Leben auf seine vergebende Liebe bauen und ein neues Leben als Hirten beginnen konnten. Obwohl Jesus der König der Könige und der Herr aller Herren ist, konnte er oft nicht einmal richtig essen und hatte nichts wohin er sein Haupt hinlegen konnte. Die Menschen sahen ihn, aber da war keine Gestalt, die ihnen gefallen hätte (Jesaja 53,2). Doch durch Jesu dienendes und hingebendes Leben wurden unzählige, geistlich tote Menschen wieder lebendig. Unermüdlich pflanzte Jesus Gottes Wort in die Herzen seiner Jünger, so dass sie zu großartigen Aposteln und einflussreichen Lehrern für die ganze Menschheit verändert wurden. Dort, wo tote Menschen lebendig werden, gibt es immer einen Hirten, der ohne Ehre und Anerkennung zu bekommen, anderen mit dem Wort Gottes gedient hat. Menschen, die solches tun, sind in Gottes Augen wahrhaft große Menschen.

Jeus lebte mit dem klaren Ziel und der klaren Orientierung, den sündenkranken Menschen zu dienen. Er gebrauchte seine Macht weder dazu, um die Römer zu verjagen noch dazu, um den Weg des Kreuzes zu vermeiden. Jesus gebrauchte seine Macht allein dazu, um Gott und den Menschen zu dienen und letztere vor der ewigen Verdammnis zu retten. Er verleugnete sich selbst, er trank den Kelch des Leidens und ging entschlossen den Weg des Kreuzes. Er sagte: „Denn auch der Menschensohn ist nicht gekommen, dass er sich dienen lasse, sondern dass er diene und sein Leben gebe als Lösegeld für viele.“ Das eigene Leben ist für jeden Menschen am kostbarsten. Aber Jesus diente nicht nur uns sündigen Menschen, sondern gab sogar sein Leben für uns alle als Lösegeld dahin, damit wir, die wir nach unseren Begierden und Gelüsten, nach unserem Stolz und eigener Ehre und Selbstsucht lebten, von der Sklaverei des Satans und von ewiger Verdammnis errettet und erlöst würden. „Darum hat Gott ihn auch erhöht und hat ihm den Namen gegeben, der über alle Namen ist, dass in dem Namen Jesu sich beugen sollen aller derer Knie, die im Himmel und auf Erden und unter der Erde sind“ (Philipper 2,9-10). Preiset Jesus!

Heute haben wir Jesu Glauben, seine Hoffnung, sein jammerndes Hirtenherz, sein dienendes, hingebungsvolles Leben und schließlich seinen Gebetskampf und Gehorsam gegenüber dem Willen Gottes kennengelernt. Auch wir sind nicht dazu in der Welt, um bedient zu werden, sondern um zu dienen und unser Leben für die sündenbeladenen Menschen dieser Generation zu geben. Gott segne uns, Jesu Beispiel zu folgen, den Kelch des Leidens zu trinken und den Weg des Kreuzes zu gehen. Möge Gott unser Einladungs- und Bibelstudiumswerk segnen, je 12 Jünger Jesu an allen Fakultäten in Bonn, sowie an den Campus in Mainz, Koblenz, Sankt Augustin und Rheinbach aufzustellen.

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